Neu gefasst: Die Technische Regel TRGS 510

Betroffenheit

Sämtliche Unternehmen mit Verwendung und Lagerung von Gefahrstoffen (in ortsbeweglichen Behältern); Arbeitgeber; Fachkraft für Arbeitssicherheit

Nachricht

Eine der wichtigsten Technischen Regeln für Gefahrstoffe, die TRGS 510, wurde neu gefasst. Sie konkretisiert und ergänzt gesetzliche Anforderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) im Zusammenhang mit der Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern. Zusammenfassend strukturiert ergeben sich für betroffene Arbeitgeber einzuhaltende Rechtspflichten für

  • die Beschaffenheit von Lagern (örtlich, baulich, Brandabschnitte, Kennzeichnung etc.)
  • die Sicherung des Lagerguts (sichere Stapelung, geeignete Verpackungen, Standsicherheit)
  • die Zusammenlagerung unterschiedlicher Gefahrstoffe (Einhaltung von Zusammenlagerungsverboten)
  • die Lagerorganisation im Normalbetrieb (Organisation Arbeitsabläufe, Arbeitsschutz-/Hygienemaßnahmen, Reinigung, Instandhaltung)
  • die Zugänglichkeit von bestimmten Lagern (Einhaltung Zutrittsverbote, Bestimmung von Befugten)
  • die Alarm- und Gefahrenabwehr (Flucht-/Rettungsplan bzw. Brandschutzordnung, ggf. Alarmplan) sowie
  • den Brand- und ggf. Explosionsschutz.

Die TRGS 510 beschreibt dabei zunächst Anforderungen, die Allgemeingültigkeit für jedes Chemikalienlager haben und geht dann auf zusätzlich zu ergreifenden Schutzmaßnahmen für folgende Gefahrstoffe ein:

  • akut toxische Gefahrstoffe
  • oxidierende Flüssigkeiten und Feststoffe
  • Gase unter Druck
  • Chemikalien in Druckkartuschen und Aerosolpackungen
  • entzündbare Flüssigkeiten.

Neu ist, dass zunächst immer die Einschlägigkeit (bzw. Relevanz oder Anwendungsbereich) der Anforderungen übersichtlich in Form von Tabellen dargestellt wird. Die Tabellen stellen dabei vor allem die Mengenschwelle je Gefahrstoffart klar, ab der die Anforderungen verbindlich gelten – als Faustformel für die Kleinmengenregelung gilt: Die Gesamtmenge aller Gefahrstoffe, die im Rahmen der Kleinmengenregelung außerhalb von Lagern gelagert werden darf, darf 1.500 kg nicht überschreiten. Die Regeln zur Zusammenlagerung sind ferner nur zwingend einzuhalten, wenn die Gesamtmenge aller Gefahrstoffe 200 kg überschreitet.

Wesentliche Pflichten bei der Gefahrstofflagerung sind:

  • Lagerung von Gefahrstoffen nur in geschlossenen Verpackungen oder Behältern möglichst in Originalbehältern/-verpackungen; werden Gefahrstoffe in anderen Behältern gelagert, müssen diese ausreichend beständig gegen Korrosion, Versprödung oder Bruch sein
  • Ausreichende Kennzeichnung der Gefahrstoffe mit Informationen zur Einstufung; Kennzeichnung der Lagerabschnitte mit Gefahrstoffen mit W001 „Allgemeines Warnzeichen“ mit dem Zusatz „Gefahrstofflager“ (je nach Gefährdung, z.B. Ex-Bereiche, können weitere Kennzeichnungen/Warnzeichen erforderlich sein)
  • Vom Arbeitgeber sind die maximalen Lagermengen pro Lagerbereich festzulegen (z.B. im Gefahrstoffkataster, welches ebenfalls verpflichtend zu erstellen ist und für Notfälle auch außerhalb der Lager verfügbar sein muss)
  • Übersichtliche Ordnung und zugängliche Lagerung; es ist sicherzustellen, dass zumindest jedes einzelne Gebinde bzw. jede Palette sichtbar ist; ortsbewegliche Behälter mit Ausrichtungspfeilen müssen gemäß dieser Kennzeichnung ausgerichtet sein
  • Örtlich sichere Lagerung, z.B. nicht auf Verkehrswegen, in Pausenräumen oder in der Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln
  • Vor Sonneneinstrahlung geschützte Lagerung von Spraydosen und Druckgaskartuschen (keine Erwärmung über 50 °C)
  • Keine Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten in zerbrechlichen Behältern (außer Behälter bis 2,5 L)
  • Einhaltung der Anforderungen zum Gewässerschutz: Ausstattung des Lagers mit einer Auffangeinrichtung, die mindestens den Rauminhalt des größten Gebindes aufnehmen kann.
  • Lagerung von akut toxischen, krebserzeugenden, keimzellmutagenen, psychotropen und spezifisch zielorgantoxischen Gefahrstoffen nur mit Zugangsbeschränkung – es dürfen nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben; Lagerbereiche sind mit dem Verbotszeichen D-P006 „Zutritt für Unbefugte verboten“ zu kennzeichnen
  • Implementierung von Maßnahmen zur sicheren Erkennung, zum Auffangen und zur Beseitigung freiwerdender Stoffe
  • Bereitstellung von Arbeitsschutzmaßnahmen und hygienische Maßnahmen gemäß Gefährdungsbeurteilung (z.B. Augen- und Körperduschen, welche dann regelmäßig zu prüfen sind)
  • Grundsätzliches Rauchverbot im Lager
  • Ausreichende Sicherung des Lagergutes (Einhaltung der maximalen Stapelhöhe etc.)
  • Installation von Alarmierungseinrichtungen und Erstellung eines Flucht- und Rettungsplans; bei Lagerung von giftigen, sehr giftigen, krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoffen sowie entzündbarer Gase ist zusätzlich ein Alarmplan erforderlich
  • Anforderungen bei der Lagerung entzündbarer oder selbstzersetzlicher Stoffe:
  • Soweit für bestimmte Gefahrstoffe spezielle Maßnahmen erforderlich sind (z.B. eine Temperaturkontrolle, wenn im SDB Angaben zur Kontroll- oder Notfalltemperatur gemacht werden), sind diese bei der Lagerung zu beachten
  • Individueller baulicher Brandschutz und individuelles Brandschutzkonzept, welches von einem Sachverständigen erstellt/abgenommen wurde
  • Harte Bedachung, die gegen Flugfeuer widerstandsfähig ist
  • Berücksichtigung von Feuerwehrzu- und -umfahrten sowie Aufstellflächen
  • Ausstattung mit geeigneten Feuerlöscheinrichtungen in ausreichender Anzahl
  • Ausreichende Bereitstellung an Löschmitteln
  • Erstellung eines Explosionsschutzdokumentes und Einhaltung der darin definierten (individuellen) Maßnahmen
  • Druckgasbehälter dürfen in Arbeitsräumen nur in Sicherheitsschränken der Feuerwiderstandsklasse G30 oder höher gelagert werden
  • Einhaltung der Zusammenlagerungsverbote gemäß Tabelle 12 TRGS 510

Dem Thema Zugangsbeschränkung widmet die Technische Regel nun einen komplett eigenen Abschnitt (Pkt. 4.3). Es sind

  • akut toxische Gefahrstoffe, Kat. 1, 2 und 3, H300, H301, H310, H311, H330, H331,
  • krebserzeugende Gefahrstoffe, Kat. 1A und 1B, H350, H350i,
  • keimzellmutagene Gefahrstoffe, Kat. 1A und 1B, H340 und
  • spezifisch zielorgantoxische Gefahrstoffe (einmalige Exposition und wiederholte Exposition), Kat. 1, H370, H372

unter Verschluss oder so aufzubewahren oder zu lagern, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Dies gilt nicht für

  • akut toxische Gefahrstoffe, Kat. 3, H301, H311 und H331, sofern diese vormals nach der aufgehobenen Richtlinie 67/548/EWG als gesundheitsschädlich eingestuft waren und in der „Liste nach § 8 Absatz 7 GefStoffV“ (verfügbar unter www.baua.de/dok/8847526) aufgeführt sind,
  • Metalle in kompakter Form, Legierungen, polymerhaltige Gemische und elastomerhaltige Gemische, wenn mit ihnen keine entsprechende Gefahr für die menschliche Gesundheit bei Einatmen, Verschlucken und Hautkontakt verbunden ist.

Für die Lagerung von Gefahrstoffen, die nach CLP-Verordnung mit dem Sicherheitshinweis P405 „Unter Verschluss aufbewahren“ gekennzeichnet sind, aber nicht unter eine der oben beschriebenen Einstufungen fallen, wird die Einhaltung dieser Pflicht empfohlen.

Die Zugangsbeschränkung kann u.a. erfüllt werden durch:

  • Lagerung in einem geeigneten, abschließbaren Schrank,
  • Lagerung in einem abschließbaren Gebäude oder abschließbaren Lagerbereich oder abschließbaren Raum,
  • Lagerung in einem kameraüberwachten Bereich, der auf eine ständig besetzte Stelle aufgeschaltet ist mit zusätzlichen regelmäßigen Kontrollgängen,
  • Lagerung auf einem Betriebsgelände mit Werkszaun und Zugangskontrolle oder
  • Lagerung in einem Industriepark mit gemeinsamem Werkszaun und Zugangskontrolle; in diesem Fall ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren, mit welchen Maßnahmen oder welcher Kombination von Maßnahmen der Arbeitgeber sicherstellt, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang zu seinem Lager haben. Geeignete Maßnahmen können z.B. sein:
    • Identitätsnachweis,
    • Zugangskontrolle durch Pförtner oder digital, z.B. durch Drehtore mit Werksausweis,
    • Anmeldung von Besuchern bei einem Ansprechpartner des Betriebes,
    • Unterweisung von Besuchern und Fremdfirmen in den wesentlichen Belangen des sicheren Verhaltens in einem Industriepark (Anmeldeverhalten im Betrieb, Befolgen der Anweisungen des Betriebspersonals, Beachten von Absperrungen, wesentliche Gefahren, Alarmordnung, etc.),
    •  auftrags-/tätigkeitsbezogene, ggf. auch gefahrstoffrechtliche Unterweisung für Fremdfirmen,
    • Kennzeichnung von Bereichen, die für Unbefugte gesperrt sind,
    • regelmäßige Kontrollen z.B. durch einen Sicherheitsdienst innerhalb des Industrieparks und seiner Umgrenzung (Umzäunung) oder Kameraüberwachung der Werksgrenzen.

Abweichend darf Personen, deren Anwesenheit für die Verladung zur Beförderung erforderlich ist, unter Aufsicht Zugang gewährt werden.

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Stoffe, die dem Betäubungsmittelgesetz als psychotrope Stoffe unterliegen, unter Verschluss aufbewahrt werden. Der Zugang zu den Betäubungsmitteln ist nur der verantwortlichen Person erlaubt.

Auf das Verbot ist mit dem Verbotszeichen D-P006 „Zutritt für Unbefugte verboten“ gemäß ASR A1.3 deutlich erkennbar und dauerhaft hinzuweisen.

Zu den gemäß TRGS 510 prüfpflichtigen Lagereinrichtungen zählen gemäß Pkt. 5.9 nun auch möglicherweise vorhandene Gaswarneinrichtungen:

Alle Lagereinrichtungen müssen erstmalig und anschließend regelmäßig in angemessenen Abständen auf ihre ausreichende Funktion, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit kontrolliert werden. Zu kontrollierende Einrichtungen sind z.B.

  • Lagereinrichtungen für Gefahrstoffe, z.B. Einhaltung von Fach- und Feldlasten von Regalen mit Gefahrstoffbehältern oder die Unversehrtheit von Regalteilen,
  • Rückhalteeinrichtungen, z.B. Dichtigkeit und Belegung von Tassen und Wannen,
  • Entsorgungseinrichtungen, z.B. Dichtigkeit und Unversehrtheit von Lösemittelabfallbehältern,
  • Lüftungseinrichtungen, z.B. Unversehrtheit von Lüftungskanälen und Erfassungseinrichtungen,
  • Gaswarneinrichtungen, z.B. Sichtkontrolle der Betriebsanzeige und der Statusmeldung,
  • Augen- und Körperduschen.

Das Ergebnis der Kontrollen ist in geeigneter Form zu dokumentieren. Ergänzend können sich nachfolgende Kontrollen bzw. Verfahren anbieten:

  • Arbeitstägliche Funktionskontrollen, u. a. in Form von
  • Sichtkontrollen, z.B. hinsichtlich des unbeschadeten Zustandes von Öffnungen zur Be- und Entlüftung, persönliche Schutzausrüstungen, etc.,
  • Hörkontrollen, z.B. hinsichtlich der bekannten Lärmquellen von technischen Arbeitsmitteln und Maschinen im fehlerfreien Funktionszustand,
  • Arbeitsorganisatorische Festlegungen zur regelmäßigen Durchführung von Funktionskontrollen,
  • Checklisten zur vollständigen, z.B. täglichen, wöchentlichen oder monatlichen visuellen Kontrolle der Schutzmaßnahmen.

Zusammenlagerung: Aus Tabelle 2 wird Tabelle 12. Die Darstellungsweise hat sich geändert – jedoch bleiben die Ergebnisse im Vergleich zur alten Fassung gleich. Die neue Darstellungsform soll sicherstellen, dass die Zuordnung der Lagerklassen anhand dem Fließschema gemäß Anhang 2 erfolgt (in der Praxis wird man sich eher schlicht an die Angabe im Sicherheitsdatenblatt halten).

Handlungsempfehlung

Nehmen Sie die Neufassung der TRGS 510 (Anpassung des Stands der Technik) als Anlass, folgende Dokumente zu Ihren betroffenen Chemikalienlagern zu überprüfen:

  • Gefahrstoffkataster

Sind maximale Lagermengen pro Lagerbereich festgelegt und angegeben? Sind spezielle Gefahrstoffe (z.B. akut toxische), die gesonderte Schutzmaßnahmen erfordern, vorhanden? Ist nachgewiesen, dass die Zusammenlagerungsverbote eingehalten sind?

  • Flucht-/Rettungsplan, Brandschutzkonzept

Sind die Flucht- und Rettungspläne aktuell (bezogen auf Örtlichkeiten und aktuelle Kennzeichnung gem. ASR A1.3)? Liegt eine normale oder hohe Brandgefährdung vor? Bei hoher Brandgefährdung: Berücksichtigt das Brandschutzkonzept die aktuellen Gefährdungen durch die aktuell gelagerten Gefahrstoffarten? Welche spezifischen Brand-/Explosionsschutzmaßnahmen (Brandabschnitte, Feuerlöscheinrichtungen, Alarmplan etc.) sind erforderlich? Ist das Brandschutzkonzept von einem Sachverständigen erstellt bzw. gutachterlich abgenommen worden?

  • Gefährdungsbeurteilung

Sind Wirksamkeitskontrollen dokumentiert? Wann war die letzte Fortschreibung? Sind Zutrittsbefugte definiert und ist betrachtet worden, ob Zugangsbeschränkungen erforderlich sind? Inwieweit ist die Erstellung von Aufstellungsplänen (wo steht wieviel von welchen Gefahrstoffen?) für die Feuerwehr als mögliche zusätzliche Alarm-/Gefahrenabwehr-Maßnahme bewertet worden? Verweisen Ihre Gefährdungsbeurteilungen und Ihre Instandhaltungs-Datenbank auf sich gegenseitig? Sind für die Lagereinrichtungen folgende Informationen/Ergebnisse in Ihrem Tool für das Instandhaltungsmanagement berücksichtigt:

  • Rechtsgrundlage zur hinterlegten Prüffrist
  • Rechtsgrundlage zur erforderlichen Qualifikation des Prüfers/Instandhalters
  • Soll-Zustand des jeweiligen Geräts, der Anlage oder der Maschine?